Klettern im Revier – die vielen kleinen Gebiete sind eigentlich Murx… sagt Thomas Fischer über die Kletterlandschaft des Ruhrgebiets. Erstaunlicherweise hat ihn das nicht gehindert mit dem Buch „Klettern Ruhrgebiet 4.0“ bereits die vierte Auflage der Kletterbibel für das Revier zu publizieren. Wir sprachen mit dem Autor DES Kletterführers für das Ruhrgebiet über Midlife Crisis, Schreibmaschinen, Klettern im Oman und Bergsportromane:
reviersteiger: Wie würdest Du Dich in einem Satz beschreiben?
TF: Kletternder Familienvater, mit Midlife Crisis und obendrein Widder, also geht schon irgendwie…..
reviersteiger: Wie bist Du zum Bergsport gekommen?
TF: Durchs lesen. Habe als Jugendlicher Bergsportromane, von Heinrich Harrer bis Reinhold Messner, verschlungen und bin dann irgendwann mit den dicken Wanderschuhen und einer Wäscheleine bewaffnet zum Isenberg geradelt.
reviersteiger: Was macht für Dich den besonderen Reiz der Berge aus?
TF: Abenteuer, Draußen sein, intensiv erleben und leben. Abgeschiedenheit, auf sich und seine Freunde verlassen können, Ziele erreichen, immer wieder neu erfinden und ausprobieren.
reviersteiger: Klettern, Wandern, Steigen, Ski oder Mountainbiken?
TF: Felskletterer (weiß nie wie man das heute bezeichnet, früher nannte man das Sportkletterer, heute wohl eher alpiner Multipitcher oder sowas), möglichst lang und am liebsten Granit. Dann kommt eine ziemliche Lücke, danach Skibergsteigen. Dann wieder eine Lücke und dann Bouldern, Joggen, WW-Paddeln, Slacklinen, Biken…..alles so ein bischen.
reviersteiger: Klettern im Revier – Halle oder Draußen?
TF: 200% Draußen, aber ich schraube sehr sehr gerne Routen, daher im Winter auch öfter in der Halle.
reviersteiger: Revier oder Berge?
TF: Berge. Chamonix, Schweizer Granit, Dauphine, aber auch mal Kaiser, Finale oder Calanques.
reviersteiger: Wie lange machst Du das schon und wie lange willst Du das noch machen?
TF: Habe 1982 angefangen und solange ich noch zur Wand kriechen kann…im ernst, ich denke das hält auch im Alter irgendwie fit und es gibt ja eine ganze Reihe sehr alt gewordener Bergsteiger, die das immer wieder bewiesen haben (Remy, Trenker, Messner etc).
reviersteiger: Wann ist Dein Kletterführer Ruhrgebiet zum ersten mal erschienen?
TF: 1987 kam der erste Topo Ruhrgebiet raus. Gesetzt auf einer Typoschreibmaschine und mit der Hand ausgeschnitten und zurecht geklebt….8 s/w Bilder konnt ich mir leisten und war stolz wie irgendwas über das farbige Titelbild. Das war zu der Zeit alles noch unbezahlbar und dann in Miniauflage von 500 Stück.
reviersteiger: Wie bist Du auf die Idee gekommen einen Kletterführer für das Revier zu schreiben?
TF: Das hat sich irgendwie so ergeben. Zuerst kam natürlich 1986 das Hönnetal dran. Dann Ruhrgebiet und dann sind wir Richtung Belgien gegangen und haben da Bücher gemacht. Ohne Internet gab es viel weniger Informationen und manche Gebiete sprachen sich nur so von Mund zu Mund herum.
reviersteiger: Klettern im Revier?! Was verbindet Dich mit dem Ruhrgebiet?
TF: Aufgewachsen, fest familiär verwurzelt und nie so richtig weg gewollt. Kam immer gut mit der Mentalität klar und wollte nicht gegen eine bergnähere Heimat tauschen wollen. Also im zweiten Hobby Autofahrer….
reviersteiger: Was war Dein bisher spannendstes Bergsport-Projekt?
TF: Das ist das im nächsten Jahr, oder im Jahr drauf. Immer wieder rangehen und nochmal was probieren ist eigentlich das spannendste Projekt am Bergsport. Du kletterst irgendwo hoch und stellst fest, das die Linie neben dir auch toll aussieht und am gegenüberliegenden Berg, da ist auch noch etwas, was aussieht, als müsstes DU ausgerechnet da hoch. Diese Jahr waren wir im Oman klettern. Das war vom Land her sehr spannend und die Menschen die dort leben sind klasse. Nächstes Jahr vielleicht mal Indien oder Patagoniern? Das bleibt spannend.
reviersteiger: Was würdest Du nie wieder machen?
TF: Widder. Lernt nicht so wirklich aus seinen Fehlern. Also eigentlich wollte ich immer ordentlich zu essen und zu trinken mitnehmen auf Tour. Und ein gut gefülltes Rack. Und rechtzeitg einsteigen und nicht in die Dunkelheit kommen. Und ich wollte vorher nach dem Wetter schauen. Und wie hoch die Wand ist und und und…..
reviersteiger: Was macht Deiner Meinung nach das Besondere des Ruhrgebiets aus?
TF: Die vielen kleinen Gebiete sind für sich gesehen eigentlich Murx, aber in der Summe machen sie einen vielseitigen Kletterer aus dir. Es gibt fiese rutschige Tritte, bröseligen steilen Fels, ausdauernde Riesenquergänge, tolle Risse, aalglatte Platten, steile Überhänge….und dann noch unzählige Plastiktempel, an denen man sich austoben kann. Wenn man die Vielseitigkeit des Reviers ausnutzt, merkt man schnell, wie vielseitig der „Bergsport“ sein kann.
reviersteiger: Warum ist besser es hier als in den Bergen zu leben?
TF: Das ist nicht besser, es kostet nur mehr Sprit.
reviersteiger: So kann man es auch sehen, Danke für Deine Zeit!
[Interview: reviersteiger/Bild: Thomas Fischer]
albatros bergsport – wir waren damals vier reise- und abenteuerlustige studenten…